Haushaltsrede von Marius Brey, Kreisrat der Linken im Chamer Kreistag zum Haushalt 2025

(es gilt das gesprochene Wort):

Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal möchte auch ich mich beim Kreiskämmerer und der Verwaltung des Landkreises für die Erarbeitung des Haushaltes bedanken und gleich zu Beginn lobend hervorheben, dass die Investitionstätigkeit auf einem hohen Niveau bleibt. Das ist angesichts des schwierigeren Umfelds sehr erfreulich. Wenn man sich das Zahlenwerk ansieht, fällt auf, dass die nötigen Einsparungen bzw. vielmehr der Verzicht auf geplante Vorhaben mit viel Augenmaß stattfindet. Besonders lobenswert ist, dass explizit im Bildungsbereich der Rotstift nicht angesetzt wurde und dort alle Sanierungs- und Baumaßnahmen wie geplant angegangen werden.

Dennoch muss ich etwas Wasser in den Wein gießen. Ich will konkret zwei Dinge ansprechen, die ich für ein Problem halte:

Erstens: Die Ansätze bei den sogenannten "freiwilligen Leistungen" – eigentlich ein irreführender Begriff. Zwar erwachsen die Ausgaben in diesem Bereich nicht aus gesetzlichen Notwendigkeiten, sind damit keine unmittelbaren Pflichtaufgaben des Kreises, trotzdem sind die Leistungen für viele Menschen unerlässlich und notwendig. Deshalb an dieser Stelle ein paar Worte zu den Rufen nach mehr Eigenverantwortung hier in der Debatte: Wenn wir nach dem Grundsatz verfahren wollen: Jeder nach seinen Möglichkeiten, dann sind es sicherlich nicht die sozialen Ausgaben, an denen gespart werden sollte, weil die Möglichkeiten sich weiter einzuschränken gerade bei den Ärmeren eben nicht gegeben sind. Vielmehr sollten diejenigen stärker zur Kasse gebeten werden, die mehr leisten können und da reden wir von Milliardärinnen und Milliardären. Damit meine ich nicht, dass man denen alles nimmt, sondern nur, dass sie nicht weniger leisten sollen als die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Fakt ist: Während der Steuersatz bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei bis zu 42% liegt, zahlen Milliardärinnen und Milliardäre in Deutschland im Schnitt nur rund 26% auf ihr Einkommen. Ich halte das nicht für gerecht.

Und Herr Landrat, wenn Sie einen größeren Lohnabstand fordern. Da bin ich ja völlig bei ihnen, der Abstand ist zu gering, aber das liegt doch nicht daran, dass man von Bürgergeld so ein üppiges Leben führen kann, sondern es liegt daran, dass die Löhne zu niedrig sind. Auch der Landkreis kann hier handeln. Andere Kommunen haben es bereits vorgemacht: Eine Tariftreue- und Vergaberegelung könnte dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen gehen, die nach Tarif zahlen. Das wäre ein wirksames Mittel, um für gerechtere Löhne zu sorgen. Es kann nicht sein, dass mit Steuergeldern Niedriglöhne subventioniert werden.

Zurück zum Haushalt: Es ist positiv, dass die Ansätze für die freiwilligen Leistungen weitgehend stabil geblieben sind. Doch gleichzeitig müssen wir ehrlich sein: Bei steigenden Kosten für die Zuwendungsempfänger – etwa Träger der Schwangeren- oder Flüchtlingsberatung – bedeutet ein gleichbleibender Ansatz faktisch eine Kürzung. Und das ist ein Problem.

Ein weiteres Thema, das ich ansprechen möchte, ist der Wohnraum. Herr Landrat, Sie haben es im Kreisausschuss selbst thematisiert: Die Mieten im Landkreis Cham sind in den letzten Jahren stark gestiegen, und vor allem an kleinen, bezahlbaren Wohnungen mangelt es. Es ist zwar schon Februar, aber ich finde, es ist noch nicht zu spät für einen Neujahrsvorsatz: Lassen Sie uns das Thema Wohnraum und Mietpreisentwicklung auf ganz nach oben auf unsere Agenda setzen und gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen wir als Landkreis ergreifen können. Angemessener Wohnraum ist ein Menschenrecht, und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist eine öffentliche Aufgabe. Diese Aufgabe wurde in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt. Man hat sich darauf verlassen, dass der Markt das Problem löst – doch das ist nicht passiert. Private Investoren wollen, dass sich ihre Investitionen auf längstens 20, 25 Jahre amortisieren. Wenn das das Ziel ist, dann führt das bei den aktuellen Baupreisen zu Quadratmeterpreisen, die sich ganz viele Leute nicht mehr leisten können. Die öffentliche Hand hat hier eine ganz andere Ausgangsposition: Wir können langfristiger planen, Kredite über längere Zeiträume tilgen und damit zu fairen Mieten beitragen.

Ich finde, wir haben ja selbst das beste Beispiel geschaffen, dass ein solcher Ansatz funktionieren kann – nämlich mit unseren Regionalwerken. Dort haben wir bewusst gesagt: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss erstens schneller passieren, zweitens muss ein Interessensausgleich sichergestellt sein und drittens wollen wir, dass die Wertschöpfung dauerhaft in der Region bleibt, nicht zuletzt weil günstiger regionaler Ökostrom ein Standortfaktor ist. Wir waren uns einig: Am besten erreichen wir diese Ziele, wenn wir als öffentliche Hand selbst in die Verantwortung gehen. Warum sollten wir diesen erfolgreichen Ansatz nicht auch im Wohnungsbau verfolgen?

Und na klar, das kostet Geld. Und ja, es erfordert Mut. Aber wir alle wissen, dass es sich beim Wohnraum um die größte soziale Frage unserer Zeit handelt. Und wir dürfen nicht vergessen: Auch bezahlbarer Wohnraum ist heute ein Standortfaktor. Immer mehr Menschen verlassen die Städte wegen der hohen Mietpreise und ziehen aufs Land. Als Landkreis Cham profitieren wir genau davon. Dieser Wettbewerbsvorteil gegenüber urbanen Regionen wird aber nur bestehen bleiben, wenn wir jetzt anfangen, mehr zu tun.

Vielen Dank.