Cham ist Schlusslicht bei den Löhnen

Noch immer verdienen die Chamerinnen und Chamer wesentlich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Teilen der Oberpfalz oder Bayerns. Wie die Zahlen der Bundesregierung belegen, liegt der Medianlohn bei uns etwa 900 Euro unter dem in Regensburg, Cham bleibt damit gemeinsam mit Weiden weiterhin Schlusslicht in der Oberpfalz. Wer den Landkreis für Fachkräfte attraktiv machen will, der muss nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch für angemessene Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen sorgen.

Aktuelle Daten zu Arbeit, Beschäftigung und Sozialpolitik in Cham

Auswertungder Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Aktuelle Daten zu Arbeit, Beschäftigung und Sozialpolitik in Bayern" (BT-Drs. 19/15915) von Susanne Ferschl für Cham

Der Chamer Landratskandidat Marius J. Brey erklärt zu den vorliegenden Zahlen:

Wenn Landrat Franz Löffler von der guten wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises Cham spricht, so verschweigt er dabei, dass bei vielen Menschen wenig davon ankommt. Ein altes jüdisches Sprichwort sagt dazu treffend: Die halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge.

Noch immer verdienen die Chamerinnen und Chamer wesentlich weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Teilen der Oberpfalz oder Bayerns. Wie die Zahlen der Bundesregierung belegen, liegt der Medianlohn bei uns etwa 900 Euro unter dem in Regensburg, Cham bleibt damit gemeinsam mit Weiden weiterhin Schlusslicht in der Oberpfalz. Wer den Landkreis für Fachkräfte attraktiv machen will, der muss nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch für angemessene Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen sorgen. Hier trägt die Kommune Verantwortung – und entgegen der landläufigen Meinung hat sie auch Handlungsspielräume. Mittlerweile ist in Bayern nur noch jeder vierte Betrieb tarifgebunden, im Landkreis dürfte diese Zahl sogar noch geringer sein. Die mittleren Tagesentgelte bei Vollzeitbeschäftigten in tariffreien Betrieben liegen in Bayern im Schnitt 21,6 % unter denen mit Tarifbindung. Ein Tarifvertrag bleibt der Schlüssel zu fairen Löhnen. Gemeinsam mit den Gewerkschaften setzen wir uns daher für die Einführung kommunaler Tariftreueregelungen ein, wie sie beispielsweise die Stadt München bereits hat. So sollen öffentliche Aufträge und Wirtschaftsförderung nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Tarif bezahlen und betriebliche Mitbestimmung ermöglichen. Wir wenden uns entschieden gegen ein mit Steuergeld subventioniertes, staatliches Lohndumping. Die Unternehmer im Landkreis fordern wir dazu auf, ihre Blockadehaltung niederzulegen und die jeweiligen Branchentarifverträge anzuwenden. Haltungen einiger Unternehmer nach dem Gusto „Da Betriebsrat bin i“ wollen wir nicht länger akzeptieren und erst recht nicht weiter mit Steuergeldern fördern.

Seit vielen Jahren prangern wir das Problem der Altersarmut im Landkreis an, das vorrangig Frauen trifft. Laut DGB Rentenreport 2016 bekommt eine Frau bei uns lediglich 462 Euro Rente. Das ist zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Ursächlich für die niedrigen Renten bei Frauen sind neben Lücken in der Erwerbsbiografie die schlechten Löhne und der hohe Anteil an Teilzeitarbeit. Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnbereich im Landkreis ist frappierend. Während bayernweit 15,6 % im Niedriglohnsektor arbeiten, sind es bei uns 23,5 %, bei den Frauen sind es sogar 41,8 %, mehr als jede dritte Frau verdient damit unter 2.203 Euro brutto im Monat. Für immer mehr Beschäftigte reicht das Einkommen aus einem Job daher nicht mehr aus. So gehen im Landkreis Cham insgesamt 22,22 % der Beschäftigten einer geringfügigen Beschäftigung nach. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hat sich in den letzten zehn Jahren gar verdoppelt.

Diese Zahlen sind alarmierend. Wir wollen, dass der Lohn aus eigener Hände Arbeit für unsere Chamerinnen und Chamer wieder zum Leben reicht. In der jetzigen Situation bedeutet eine kaputte Waschmaschine oder eine notwendige Reparatur am Auto für viele eine finanzielle Katastrophe, die für die Betroffenen nicht stemmbar ist. Der Landkreis Cham darf nicht zum Eldorado für Dumpinglöhner werden, sondern muss sich für Gute Arbeit stark machen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Nur so werden wir der Abwanderung gerade junger Fachkräfte entgegenwirken und eine attraktive Region bleiben können.

 

1. Atypische Beschäftigung:

  • Der Anteil der Atypischen Beschäftigten sinkt bundesweit in den letzten 10 Jahren von 22,5 % auf 20,1 % in 2018 (-2,4 %-Punkte).
  • In Bayern sinkt der Anteil der Atypischen Beschäftigten in den letzten 10 Jahren von 20,7 % auf 19,0 % in 2018 (-1,7 %-Punkte).
  • Ist der Anteil in vier Regierungsbezirken (Oberbayern, -pfalz, -franken, Mittelfranken) Rückläufig, so nimmt er in drei Regierungsbezirken (Niederbayern, Unterfranken, Schwaben) zu.
  • Niederbayern (21,8 %), Unterfranken (22,4 %) und Schwaben (20,3 %) liegen dabei über dem Bundesweiten Durchschnitt.
  • Die Anzahle der befristet Beschäftigten ist in allen Bezirken abnehmend.
  • Die Anzahl der Leiharbeitnehmer steigt in allen Bezirken, bis auf Oberfranken.

 

2. Teilzeit:

  • 2019 arbeiten in Deutschland 23,9 Millionen in Vollzeit (62,3 %) und 9,5 Millionen in Teilzeit (24,9 %). Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten ist seit 2008 um 75% gestiegen.
  • 2019 arbeiten in Bayern 4.1 Millionen in Vollzeit (63,8 %) und 1,6 Millionen in Teilzeit (24,1%). Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten ist seit 2008 um 672.000 und damit um 75% gestiegen.
  • 2019 arbeiten in Cham 38.376 Beschäftigte in Vollzeit (61,5 %) und 15.506 Beschäftigte in Teilzeit (24,8 %). Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten ist seit 2008 um 7.718 und damit um 99 % gestiegen.
  • In den letzten 10 Jahren hat sich also die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten verdoppelt.
  • Die Teilzeitquote liegt leicht über der von Bayern und Deutschland.

 

3. Leiharbeit:

  • Bei einem Vollzeitbeschäftigten in Deutschland, lag der Medianlohn 2018 bei 3.304 Euro. Bei einem Leiharbeitnehmer bei 1.928 Euro. Das ist ein Lohnunterschied von 1.376 Euro. Der Leiharbeiter verdient damit 41.9% weniger. Haben sich die Löhne bei Vollzeitbeschäftigten im Mittel seit 2014 um 280 Euro erhöht, sind es bei Leiharbeitern lediglich 170 Euro.
  • Bei einem Vollzeitbeschäftigten in Bayern, lag der Medianlohn 2018 bei 3.449 Euro. Bei einem Leiharbeitnehmer bei 2.089 Euro. Das ist ein Lohnunterschied von 1.360 Euro. Ein Leiharbeiter in Bayern verdient damit 39,4% weniger. Haben sich die Löhne bei Vollzeitbeschäftigten im Mittel seit 2014 um 299 Euro erhöht, sind es bei Leiharbeitern lediglich 181 Euro.
  • Bei einem Vollzeitbeschäftigten in Cham, lag der Medianlohn 2018 bei 2.930 Euro. Bei einem Leiharbeitnehmer bei 1.818 Euro. Das ist ein Lohnunterschied von 1.112 Euro. Ein Leiharbeiter in Cham verdient damit 38 % weniger.
  • Haben sich die Löhne in Cham bei Vollzeitbeschäftigten im Mittel seit 2014 um 322 Euro (12,35%) erhöht, sind es bei Leiharbeitern lediglich 67 (3,83%) Euro. Steigen also wesentlich langsamer.
  • Im Vergleich: in Bayern ist prozentuale Zunahme gleich 9,49%.

 

4. Lohnentwicklung

  • In Deutschland ist der Mediane der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von 2654 Euro im Jahr 2008 auf 3304 Euro in 2018 gestiegen. Das ist ein Plus von 24,5%.
  • In Bayern ist der Medianlohn von 2.759 Euro in 2008 auf 3.449 Euro in 2018 gestiegen. Das ist ein Plus von 25 %.
  • In Cham ist der Medianlohn von 2.305 Euro in 2008 auf 2.930 Euro in 2018 gestiegen. Das ist ein Plus von 27 %.
  • Neben Weiden (2.928 Euro) ist Cham damit Schlusslicht in der Oberpfalz. Der Medianlohn in Regensburg-Stadt liegt mit 3.818 Euro am höchsten.

 

5. Niedriglohnsektor

  • Zum Stichtag 31.12.2018 arbeiten in Westdeutschland 16,5 % der Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohnbereich. Das sind über 2,5 Millionen Menschen.
  • In Bayern liegt der Anteil bei 15,6 %.
  • In Cham arbeitet fast jeder vierte im Niedriglohnbereich (23,5 %). Das sind 7.693 Vollzeitbeschäftigte.
  • Bei den Frauen ist diese Zahl wesentlich gravierender. Hier liegt der Anteil bei 41,8% bei 4.057 Beschäftigten. Zum Vergleich: Bayernweit sind es nur 24% der Frauen.

 

6. Geringfügig Beschäftigte:

  • Zum Stichtag 30. Juni. 2019 gab es in Deutschland 4,9 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigte (12,8%). Im Nebenjob geringfügig Beschäftigt waren weitere 3 Millionen (7,8%). Damit gingen einer geringfügigen Beschäftigung knapp 8 Millionen Menschen nach.
  • In Bayern gab es 786.000 ausschließlich geringfügig Beschäftigte (12,1%) und 624.000 im Nebenjob geringfügig Beschäftigt (9,6%) Damit gingen einer geringfügigen Beschäftigung 1,4 Millionen Menschen nach. Damit hat jeder 5. Bayer (21,5%) einen geringfügig Beschäftigten Job.
  • In Cham gab es 8.533 ausschließlich geringfügig Beschäftigte (13,7 %) und 5.333 im Nebenjob geringfügig Beschäftigte (8,5%) Damit gingen einer geringfügigen Beschäftigung 13.866 Menschen nach.
  • Damit geht mehr als jeder 5. Chamer (22,22 %) einer geringfügigen Beschäftigung nach.

 

7. Leistungsberechtigte SGB II (Harz 4)

  • Im August 2019 gab es in Bayern 393.000 Leistungsberechtigte nach SGB II (Hartz 4). 86.177 abhängig Beschäftigt müssen ihren Lohn mit Hartz 4 aufstocken. Das sind 17,4 % der Hartz 4- Bezieher (18,5 % in 2008). 2019 waren im Bund 17,1 % der Harz 4- Bezieher Beschäftigten die ihren Lohn mit Harz 4 aufstocken mussten (18,23 % in 2008)
  • 2019 gab es in Cham 2.253 SGB II Leistungsberechtigte. 349 waren davon Aufstocker. Das sind 15,5%.